Die Geschichte

der Haager Lies

Nach 108-jähriger Betriebszeit, legendären Festen und
Kooperationen musste sich die Lokalbahn „Haager Lies“ Ende 2009 von ihren
Fahrgästen und Fans verabschieden. Selbst legendäre Feste und Kooperationen auf
allen Ebenen konnten nicht verhindern, dass die Strecke eingestellt wurde.

Als Radweg lebt die Trasse jedoch weiter und wird wiederum viele zufriedene
Menschen sehen. Mehrere Triebwagen und Lokomotiven, die Gleichrichterwagen und
je ein Güterwagen und Postwaggon der Haager Lies blieben als
technikgeschichtliche Zeugen großteils betriebsfähig erhalten

Die Lokalbahn Lambach – Haag am Hausruck war nicht irgendeine Nebenbahn.
Als Kontrapunkt zur staatlichen Kaiserin-Elisabeth-Bahn Wien – Salzburg wurde sie in der Bevölkerung liebevoll Haager Lies genannt. Dennoch bot sie im Lauf ihrer 108 jährigen Betriebszeit Besonderheiten, die sogar weltweit einmalig waren.

Nicht realisierte Verlängerungs- und Elektrifizierungsprojekte aus der Anfangszeit und der viel zu teure Dampfbetrieb machten sie Anfang der 1930er Jahre zur Bahn ohne Hoffnung, die unmittelbar vor der Einstellung stand.
Durch die Übernahme der Betriebsführung ab 1933 konnte die Firma Stern & Hafferl beweisen, welches Potenzial die Bahn auch im hügeligen Hausruckgebiet bedienen konnte.
Mit einfacher Elektrotechnik und damals zeitgemäßen Fahrzeugen wurden von den Eisenbahnern heutzutage nahezu unglaubliche Beförderungsleistungen im Personen- und Güterverkehr erbracht. 1950 folgte mit dem Einsatz von Gleichrichterwagen eine technische Sensation, die in der Eisenbahn-Fachwelt höchste Aufmerksamkeit bewirkte. Aber erst ab 1989 konnte mit modernen Zweistromsystem-Triebwagen die überfällige Attraktivierung für die Fahrgäste eingeleitet werden.

Mit schnellen, durchgehenden Zügen ab 1990 von Haag bis Wels, pfiffigem Marketing und einem echten Bemühen um die barrierefreie Zugänglichkeit für Bewohnerinnen und Bewohner des Behindertendorfes Altenhof wurden neue Schwerpunkte gesetzt. Legendäre Feste und Kooperationen auf allen Ebenen konnten dennoch nicht verhindern, dass die neue Trasse der Westbahnstrecke im Bereich Neukirchen ohne Einbindung der Lokalbahnstrecke realisiert wurde.

So musste sich die Haager Lies Ende 2009 von ihren Fahrgästen und Fans verabschieden. Als Radweg mit innovativer Ausstattung und vielen Erinnerungsstücken lebt ihre Trasse weiter und wird wiederum viele zufriedene Menschen sehen.

~ Otfried Knoll Zeitzeuge und Gestalter der Haager Lies – Infotafeln

Haager Lies

Geschichte und Bahnbau
Initiativen zum Bau einer Lokalbahn Lambach – Haag am Hausruck reichten bis in das Jahr 1875 zurück. Mehrere Trassenstudien und Vorprojekte ergaben letztlich eine Linienführung von Lambach unter Mitbenützung der Westbahn bis Neukirchen bei Lambach, dort abzweigend über Bachmanning und Gaspoltshofen nach Haag am Hausruck…

Technik & Betrieb

Elektrische Anlagen der Strecke
Die Fahrleitungsanlage der Lokalbahn war einfach und zweckmäßig auf Holzmasten mit Siemens –Bogenauslegern montiert, auf der zweigleisigen Westbahnstrecke an außen stehenden Holzmasten mit Querdrähten und an Gebäuden mit Wandrosetten. In Lambach waren die Gleise auf dem Bahnhofsvorplatz, das Hausbahnsteiggleis und einige Gleise des nördlichen Bahnhofsteiles der Westbahn mit Fahrleitung
überspannt.

Um die elektrischen Speiseverhältnisse zu verbessern, waren die Fahrleitungsanlagen der Lokalbahnen
Lambach – Haag und Lambach – Vorchdorf (Umformerwerk Wimsbach) verbunden. In Teilabschnitten der Strecke wurde eine Verstärkungsleitung auf den Masten mitgeführt und auf der Gesamtstrecke verlief eine zweidrähtige Bahntelefonleitung für das Zugmeldeverfahren zwischen den Fahrdienstleitern….

Personenverkehr

In den Personenzügen der Haager Lies wurden stets auch
Gepäck und Stückgüter befördert. Klassische Karton- und
Zettelfahrkarten sowie Lochzangen mit Datumsstempel
gehörten zur Ausrüstung der Schaffner, diverse Stempel
und sogenannte Komposteure zur Ausstattung der Bahnhöfe. Die kommerziellen Bestimmungen wurden in einer eigenen Tarifvorschrift geregelt und …

Gütertransport

Für den Güterverkehr wurden in den ersten Jahren des Elektrobetriebes die beiden kräftigen Triebwagen herangezogen. Mit 200 kW elektrischer Leistung waren sie imstande, bis Bachmanning 110 t und bis Haag am Hausruck 80 t Anhängelast zu befördern. Die fortschreitende Umstellung des allgemeinen
Güterwagenparks auf Druckluftbremsen erforderte komplizierte betriebliche Maßnahmen und die Mitführung von Bremsern, um längere Güterzüge mit den vakuumgebremsten Triebwagen befördern zu können...

Posttransport

Seit dem Eröffnungsjahr 1901 beförderte die Haager Lies die gesamte Post für die anliegenden Orte. Hierbei fuhr stets ein Postbediensteter im Zug mit. Ursprünglich hatte er ein Postcoupé im Dienst- und Postwagen, später gab es einen eigenen Postwagen. Zu Zeiten des elektrischen Betriebes mit Gleichrichterwagen lief der Betrieb folgendermaßen ab…

Besondere Ereignisse

Das denkwürdigste Ereignis in der Geschichte der Haager Lies war wohl der legendär gewordene Bischofszug im Jahr 1984. Rund 700 Gläubige sollten mit eigens bereitgestellten modernen Waggons eine bequeme Anreise von ihren Heimatstationen zum Dekanatsfest Lambach genießen. Bischof Maximilian Aichern hatte sich als Fahrgast angekündigt und die ganze Region war in freudiger Erwartung. Leider war die starke Güterzuglok 20 001 am Vorabend mit einem Motorschaden ausgefallen…

Der Bischofszug

Am Vortag des Dekanatsfestes war die zugkräftigere Lokomotive 20 001 wegen eines Motordefekts ausgefallen. So musste die Lok 20 008 mit einem Triebwagen als Vorspann aushelfen. Zwischen Weinberg und Weibern blieb der lange Bischofszug bei der Hinfahrt auf den taufeuchten Schienen hängen….